In den letzten Jahren konnten wir bereits viele eindrückliche Momente bei den Gedenkstättenfahrten sammeln, die der Fanladen angeboten hat. An den beiden letzten Bildungsfahrten in die Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau nahmen über 40 Menschen teil, die kürzeren Fahrten in die Gedenkstätte Bergen-Belsen waren ebenfalls gut besucht. Nun nahmen wir uns vor, einen neuen Blick auf den Nationalsozialismus und konkreter auf eine andere Art Konzentrationslager zu werfen und entschieden uns Anfang des Jahres – zusammen mit dem Historiker Andreas Kahrs, der uns zuvor schon begleitete – das erste Mal die Gedenkstätte Theresienstadt zu besuchen. Nun machte die pandemische Lage uns im März einen Strich durch die Rechnung und wir verschoben das Ganze auf unbestimmte Zeit.
Im Sommer zeichnete sich dann ab, dass ein kleines zeitliches Fenster für die Fahrt möglich war, so dass wir mit einer 15-köpfigen Gruppe die Fahrt noch im September antreten konnten. Mit der Bahn ging es Richtung Prag, in Terezin waren wir im Parkhotel untergebracht. Der Name verspricht hier jedoch deutlich mehr, als angenommen. Dazu vielleicht später noch etwas mehr…
Eindrücklich ist Terezin mit seiner Geschichte vor allem, da es keine klassische Gedenkstätte ist, in die man rein und auch rausgehen kann. Terezin ist ein eher beschauliches Garnisionsstädtchen in der Nähe von Prag, dessen historische Zeugnisse teilweise immer noch zugegen sind. Als Beispiel zu nennen die Beschriftung der Nazis an den Hauswänden mit den Straßennamen. Ein komisches Gefühl kommt ebenfalls auf, wenn man bedenkt, dass das heutige Parkhotel damals als SS-Kameradschaftshaus genutzt wurde, in der heutigen Bank die SS-Kommandatur war und der Marktplatz Schauplatz des größten inszenierten Propagandafilms des NS-Regimes war. Sich in der Stadt zu bewegen verlangt einem in dem Sinne viel ab, als das man heutige Realität mit den Realitäten abgleichen muss, die für die in der Stadt gefangen gehaltenen Menschen galten. Die unmenschlichsten Lebensbedingungen, die Möglichkeit von dort in eines der umliegenden Vernichtungslager weiter deportiert zu werden oder vor Ort durch Hunger, Krankheit und Elend zu sterben ist für uns heute nach wie vor unvorstellbar, aber löst noch unterschiedlichste Gefühle aus.
Die Erkundung der Stadt und damit verbunden ihre Funktion für die Nazis war wesentlicher inhaltlicher Teil der Fahrt. Durch das eigene Entdecken in Kleingruppen sowie eine Führung mit einem Guide und der Unterstützung von Andi, erschlossen wir uns immer mehr Aspekte. Der zweite zentrale inhaltliche Teil der Fahrt bezog sich auf „Sport in Theresienstadt“. Hier sei angemerkt, dass es solchen und solchen Sport gibt. Der Propagandafilm der Nazis machte sich den Fußball in Theresienstadt zunutze und verkaufte ein Spiel als Normalität und als Zeugnis für die vermeintlich vernünftige Unterbringung der Menschen. Tatsächlich wurde in Theresienstadt Fußball gespielt, es gab eine Liga von verschiedenen Gewerken und das Fußballspielen war von der SS auch gestattet. Dennoch muss man hier konstatieren, dass natürlich auch das Fußballspielen durch bestimmte Arten von „Privilegien“ ermöglicht wurde. Diejenigen, denen fast in Gänze Nahrung verwehrt war, Kranke und Alte konnten selbstverständlich nicht daran teilnehmen. Das Spiel war also nur einem kleinen Kreis von Gefangenen möglich und kann daher eben auch nicht als Normalität im Ghetto Theresienstadt verstanden werden. Wer sich inhaltlich weiter damit auseinander setzen möchte, sollte sich den Film „Liga Terezin“ anschauen – jedoch auch hier mit einem kritischen Auge (die offizielle Seite zum Film inkl. Trailer findet ihr HIER ).
Die inhaltlichen Diskussionen, die sich bis in die recht späten Abendstunden zogen, können hier in diesem Rahmen nicht adäquat wiedergegeben werden. Die Fahrt war geprägt von Widersprüchen, neuen Erkenntnissen und wie immer mit noch mehr Fragen, als man eh schon hatte. Glücklicherweise haben wir uns auch bei dieser Fahrt als Gruppe sehr gut zusammengefunden und vieles miteinander teilen können.
Daher möchten wir uns an dieser Stelle zunächst bei Andi bedanken, der das Programm wie immer fachgerecht für uns aufbereitet und eine große Bereicherung für die Fahrten ist! Ebenso ein herzliches Danke an die interessierten Teilnehmer_Innen der Fahrt, die ihr diese zu einer weiteren, besonderen Bildungsreise mit dem Fanladen gemacht habt! Last but not least ein Danke an den Spendenbeirat und den FCSR, die diese Fahrt finanziell unterstützt haben!
Euer Fanladen