FANLADEN ST.PAULI

…mehr als ein Fanprojekt



Für eine Rückkehr zur Sachlichkeit in Bezug auf den Polizeieinsatz beim Stadtderby

01.11.2022

Beim vergangenen Hamburger Stadtderby des FC St. Pauli gegen den Hamburger Sportverein kam es im Stadionumfeld zu einem Polizeieinsatz. Verschiedene Videos und Augenzeug*innenberichte schildern diesen als nicht zielgerichtet und unverhältnismäßig. In einem auch medial vielfach aufgegriffenen Video ist zu sehen, wie ein Polizeibeamter auf Nierengegend und Kopf einer bereits am Boden fixierten Person einschlägt und die Person dabei auf den gepflasterten Boden schlägt.

 

 

Wir betrachten es als erfreulich, dass der Vorfall in den Medien, Faninitiativen und Gruppen und auch vom FC St. Pauli prompt aufgegriffen und thematisiert wurde. Die Diskursverschiebung der vergangenen Tage ist hingegen in mehrfacher Form bedenklich und entfernt sich vom eigentlichen Thema:

 

 

Der Einsatz der Polizei im Stadionumfeld war dabei nicht nur unverhältnismäßig, sondern ist von Jurist*innen, Kriminolog*innen und auch Polizeibeamt*innen in seiner Rechtmäßigkeit öffentlich in Frage gestellt worden. Ungeachtet jedweder möglichen Vorgeschichte verstehen wir es als Notwendigkeit in einem Rechtsstaat, diesen Polizeieinsatz gründlich aufzuarbeiten und möglicherweise strafbares Polizeihandeln auch vor Gericht zu bringen.

 

 

In den vergangenen Tagen wurde der öffentliche Diskurs gezielt in eine Richtung beeinflusst, nicht über den Polizeieinsatz zu reden, sondern über die Betroffenen dieses Einsatzes. Dabei sind vertrauliche Informationen über einzelne Verhaftete gezielt an die Presse durchgesteckt worden. „Prügel-Opfer ist Gewalt-Tourist“ war nur eine unrühmliche Schlagzeile. Diese Informationen über teilweise Jahre zurückliegende Festnahmen bei Demonstrationen, die offenbar nicht einmal zu einer rechtskräftigen Verurteilung geführt haben, können nur durch Polizeibehörden an die Presse gelangt sein. Wir sehen hier Persönlichkeitsrechte der betroffenen Fans eklatant verletzt. Außerdem verstößt die Pressearbeit der Polizei gegen eine besondere Wahrheits- und Mäßigungsverpflichtung, die Rechtsprechung ständig von Polizeibehörden einfordert.

 

 

Ebenfalls besorgniserregend finden wir das Narrativ eines „Krawall-Kartells“ mit roten Tüchern. Besagte rote Tücher dürften unter den Zuschauer*innen des FC St. Pauli tausendfach im Umlauf sein, sind auf allen Tribünen im Umlauf und werden von Fans jeglicher Zusammenschlüsse getragen. Die roten Tücher sind Folklore. Was sie hingegen ganz deutlich nicht sind: Zeichen der Zugehörigkeit zu einer oder mehreren spezifischen Fangruppen. Lediglich als Zugehörigkeitsmerkmal zur Fanszene des FC St. Pauli, können sie gewertet werden.

 

 

Wir fordern daher alle Beteiligten – vor allem die Polizei und die Medien – auf, wieder zu einem sachlichen Diskurs über den Polizeieinsatz zurückzukehren. Hierbei fordern wir insbesondere die Polizeiführung dazu auf, die Verantwortung für diesen – präsidial geführten – Einsatz zu übernehmen und aufzuarbeiten. Wir stehen als Fanprojekt zur Verfügung und begrüßen die Ankündigung, sich dahingehend zeitnah auszutauschen. Selbstverständlich erachten wir ebenso einen sachlichen Diskurs über das Verhalten von Fußballfans für legitim: Dieser sollte dann unter Einbeziehung von Fanvertreter*innen geführt werden und nicht nur unter Berufung auf polizeiliche Quellen.

Facebook Fanladen St. Pauli Twitter Fanladen St. Pauli Instagram Fanladen St. Pauli E-Mail Fanladen St. Pauli